Lakota-Weisheiten: Spaziergänge mit Großvater
Janne Jörg Kipp
»Wenn wir einen Kieselstein in einen Teich werfen, breiten die Wellen sich in immer größeren Kreisen nach außen aus. (…) In den alten Zeiten stand in den Lagern der Lakota die größte Hütte genau in der Mitte. Dort kamen die Ältesten zusammen.« Mit diesen Worten eröffnet Joseph M. Marshall, eingetragenes Mitglied des Sicangu-Lakota-Stammes, einen Bericht über seine »Spaziergänge mit Großvater«. Es geht um die Weisheit der Indianer. Warum ist diese Weisheit so wichtig und so interessant für uns?
Weisheit gilt nach den Einsichten der Lakota zu den vier Grundtugenden, die uns als Menschen auszeichnen oder auszeichnen könnten. Standhaftigkeit, Großzügigkeit, Tapferkeit und Weisheit, zählt Marshall auf. Die Weisheit wird zum Schluss genannt – sie ist offensichtlich eine der herausragenden Tugenden.
Sie »gehört zu denjenigen Realitäten des Lebens, die sich – wie der Wind – am besten über ihre Auswirkungen wahrnehmen lassen«. Und sie entsteht aus Wissen und den Erfahrungen und Einsichten, die unser aller Leben begleiten sollten. Und deshalb ist es, wie uns dieses Buch eindrucksvoll zeigt, so wichtig, die Vergangenheit zu befragen und ihr zu lauschen. »Die größte Anmaßung der Gegenwart besteht darin, die Klugheit der Vergangenheit zu vergessen«, mahnt der Autor.
Die technologische Umwelt, in der wir leben, hat uns blind gemacht für die Einsichten und Ansichten aus vergangenen Zeiten. Vielleicht macht gerade dies das vorliegende Buch so wertvoll. Der Autor taucht mit seinen Lesern ab in die ferne, fast vergangene Welt der Indianer und hier vor allem der Lakota-Indianer. Der Rat der Ältesten ist hier gefragt. Ohne Gesetze und auch ohne gesetzesgleiche Erlasse oder Ähnliches. Die »Ältesten« wurden so lange befragt, wie sie sich bewährten.
Marshall fragt also angesichts der uns umgebenden Unsicherheit, der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Abenteuer, die wir erleben, mit Recht: »Wo sind unsere Ältesten heute?«
Wie viel Rat uns die Ältesten geben könnten oder vielmehr ihm gegeben haben, zeigt sein Buch. Er unterhielt sich mit Albert, einem Sicangu-Lakota. Älter als 60 Jahre, mit unbegrenzter Energie. Ersollte der Lehrmeister von Marshall werden. Die erste Lehre bereits dürfte uns, die wir auf scheinbare Stärke, auf Durchsetzungsvermögen setzen, die wir sehen, dass sogar Laut-Stärke über Wohl oder Wehe entscheidet, irritieren, verstören und doch berühren:
»Wirklich demütige Menschen stolpern nur selten, denn sie richten ihr Gesicht beim Gehen auf den Boden und sehen daher den Weg, der vor ihnen liegt. Überhebliche Menschen hingegen halten den Kopf beim Gehen hoch, weil sie sich im Glanz des Augenblicks sonnen wollen. Sie werden wahrscheinlich stolpern…«
In diesem Geiste ist dieses Buch geschrieben. Über 128 Seiten hinweg fesselt der Autor mit wertvollen An- und Einsichten. Voller Demut sollten wir diesen kleinen Schatz auf-lesen und in uns tragen. Es ist ein kurzer Begleiter auf unserem Weg. »Alle, denen wir auf unseren Pfaden begegnen, können uns etwas lehren«, lässt Marshall anhand einer Geschichte seinen Großvater berichten.
Es lohnt sich, hinzusehen.
Ergänzt wird dieses wertvolle kleine Buch durch eine CD, die auf mehr als 70 Minuten Spieldauer weitere Weisheiten wachwerden lässt.
Gerade für die stillen Weihnachtstage oder die Wartezeit bis Silvester dürfte sich allein die CD bereits bewähren. Es lohnt sich, hinzusehen. Es lohnt sich, hinzuhören.
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